Im Mai las ist den Post ‚Muss man seiner Freundin alles erzählen? Und wie verändern sich Freundschaften, wenn man älter wird?‘ auf ohhhmhhh.de und habe lange über den Artikel nachgedacht. Nachgedacht drüber was für mich bedeutet und die letzten vierzig Jahre sind ein wenig an mir vorübergezogen. Deswegen beschloss ich selbst einen Beitrag dazu zu schreiben und die Headline dazu war auch schnell klar: Warum Egoismus manchmal auch gut ist und here we go…
Die Anzeichen waren schon lange sichtbar, wenn man sich aber eben nur sehr wenig sieht, dann dauert es länger bis man sie realisiert hat.
Bild via Pinterest
Sie wurde schwanger und erzählte mir erst ca. einen Monat vor der Geburt davon. Ich frage nach dem Warum und die lapidare Antwort war, dass sie dachte, dass es sich zu mir rumspricht. Das zwischen uns knapp 600km liegen fiel da anscheinend nicht auf. Es folgte eine Entschuldigung und ich, als der nicht nachtragendster Mensch aller Zeiten, fand das ok. Schließlich war alles nicht mehr so eng und es tat ihr auch irgendwie leid.
Was eine Trauzeugin tut
Ein Jahr später heiratete sie und ich war Trauzeugin. Ich freute mich sehr, war aber auch verwundert aufgrund der oben aufgeführten Gründe: wenig Kontakt und die räumliche Distanz. Aber nun gut, sie wird sich ihre Entscheidung gut überlegt haben und zu so etwas sagt man nicht nein. Nicht wenn man sich seit der 5 Klasse kennt und teilweise so eng war, dass nicht mal ein Blatt dazwischen gepasst hätte. Ja, unsere Leben verliefen sehr unterschiedlich, aber auch das muss nicht schlimm sein. Das ‚überwinden‘ auch andere und mich selbst störte es auch wenig. Menschen entwicklen sich nun mal unterschiedlich und man kann trotzdem die gleiche oder eine ähnliche Basis behalten. Das haben auch schon andere hinbekommen.
Befremdlich fand ich, dass sie mir an ihrem Hochzeitstag meinte sagen zu müssen, dass ich mir neben meinem Job doch mal was anderes aka Kinder anschaffen sollte. Ein Job könne ja schließlich nicht alles sein. Really? Unangebracht und auch völlig deplatziert in den 10er Jahren. Jeder möge hier doch einfach für sich selbst entscheiden wie und womit er sein Leben verbringt.Ich kritisiere Ihren oder auch einfach keinen Lebensentwurf anderer. Warum? Weil alle richtig sind und keiner falsch…
Warum Egoismus manchmal auch gut ist
Kurz nach der Hochzeit erkrankte ich an Gebährmutterhalskrebs. Besonders der Zeitraum zwischen der Diagnose und der OP waren echt schlimm. Ich bin bei solchen Dingen nicht gut. Ich verliere den Fokus und kann nichts negatives ertragen. Das es nicht leicht war mit mir in dem Jahr, davon kann der Mann ein Lied singen. Davon gewusst haben relativ wenig Menschen, weil ich nicht in der Lage war darüber zu sprechen und das Thema lieber ganz weit geschoben habe.
In einem Telefonat mit besagter Freundin sagte ich es trotzdem und wurde recht unbeachtet damit gelassen. Das sei schon alles nicht so schlimm und ich möge mich nicht anstellen (das war nicht der O-Ton, aber ich fasste ihre Aussage damals so auf).
Puh, das saß und ist das wirklich die Antwort einer Freundin die mal so lange kennt und zudem in einem medizinischen Beruf tätig ist. Damit fing es bei mir dann wirklich an zu rattern. Alle Punkte die ich bisher nach hinten geschoben hatte kamen auf ein mal aus ihren Verstecken raus und präsentierten sich mir. Manchmal muss man Menschen eben gehen lassen auch wenn sie einem mal sehr wichtig waren. Gerade wenn sie einen mit so wenig Empathie behandeln. Und so brach ich den Kontakt ab und meldete mich einfach nicht mehr. 1A Ghosting wie es im Buche steht, aber es tat mir gut mich nicht die ganze Zeit schuldig zu fühlen.
Was veränderte sich mit meiner Hochzeit
Damit fuhr ich auch sehr gut bis der Mann und ich kurz darauf beschlossen zu heiraten und wir uns auf kurz oder lang natürlich auch Gedanken um die Gästeliste machen mussten. Und plötzlich war die Frage auf dem Tisch: (Ex)Freundin x einladen oder nicht. Ich war zunächst dagegen, weil wir schließlich zwei Jahre gar keinen Kontakt hatten. Und wie schon betont ist es absolut ok Menschen gehen zu lassen.
Bei solchen Entscheidungen fahre ich aber grundsätzlich ganz gut einen Menschen zu fragen der mehr Lebenserfahrung hat als ich, sprich meine Mutter. Sie kennt besagte Freundin, ist aber weit genug weg um einen klugen Rat zu geben.
Ihrer Meinung nach ist die Hochzeit ein schöner Anlass die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ihr die Möglichkeit gibt, Interesse zu zeigen. Wir Beide ein schönes Ereignis nehmen, um die Differenzen überwinden zu können. Sicherlich wird man noch mal sprechen müssen, aber so wäre zumindest mal der erste Schritt gemacht. Also überwand ich meine einstige Abneigung und…
Save-the-date, Einladung und es passierte nichts
…verschickte ich die Save the Date Karte ein dreiviertel Jahr vor der Hochzeit und es passierte nichts. Gut, auf die Karte haben sich einige Leute nicht gemeldet. Das sollte also auch nichts bedeuten.
Sechs Monate vor der Hochzeit kam schließlich die Einladung dran mit einem RSVP der im März vor der Hochzeit endetet. Und wieder nichts.
Und an dieser Stelle begann ich mich zu ärgern. Sehr zu ärgern. Eine Person mit der ich mal sehr gut befreundet war. Auf deren Hochzeit ich Trauzeugin war schafft es, nach neun Monaten in denen unserer Hochzeit bekannt war, nicht mal in der gebetenen Frist zu- oder abzusagen? Am Meisten ärgerte ich mich allerdings über mich selbst sie überhaupt eingeladen zu haben, obwohl ich eigentlich nicht wollte und nun auch noch nachfragen darf, ob man gedenkt zu kommen oder nicht.
Aber ich machte es, um dann folgende Antwort per Mail zu erhalten: das sie sich nicht gemeldet hatte, weil sie nicht wusste wie sie es hätte sagen sollen, dass sie nicht zur Hochzeit kommen werden. Wir in zu unterschiedlichen Welten leben und sie gerade nicht die Brücke zu meiner schlagen kann. Und ob man nicht mal telefonieren könne, damit sie es noch mal im Detail erklären kann.
WTF
Meine erste Reaktion war WTF. Sorry, aber das ist nicht wirklich Dein Ernst. Ich denke das Hochzeiten, Taufen und irgendwelche ähnlichen Fest dafür da sind die Personen für die das Fest ist zu feiern und nicht zu schauen, ob man selbst in die Welt der anderen Person passt. Das ist an der Stelle das wirklich unwichtigste überhaupt. Und: ich hätte mich das bei ihrer Hochzeit theoretisch auch fragen können. Habe ich aber nicht, weil ich mich für sie freute und den Tag (ohne zu fragen ob wir überhaupt noch kompatible sind) mit ihr feierte.
Wenn es nämlich danach geht hätte ich nicht mal auf den Hochzeiten meiner beiden Cousinen auftauchen dürfen. Tat es aber trotzdem und warum? Weil ich die Personen mag und einen großen Teil meines Lebens mit ihnen verbracht habe. Das sich diese in eine andere Richtung entwickelt haben spielte dabei nicht die geringste Rolle. Das kann man für einen Tag komplett nach hinten schieben und die Personen feiern. Nicht mehr und nicht weniger. Funktionierte aber anscheinend nicht für sie.
15.06.2015 in Paris? Nicht wirklich
Dabei hätte man es einfach auch belassen können. Hat sie aber nicht, denn es ging noch weiter. Wir hatten als Jugendliche mal beschlossen, dass wenn wir uns jemals aus den Augen verlieren sollten, dass wir uns am 15.06.2015 in Paris unterm dem Eiffelturm treffen wollten. Ich hatte das ehrlich gesagt schon wieder vergessen, aber einen Tag davor d.h. auch einen Tag nach unserer Hochzeit am 13.06., die sie aufgrund irgendwelcher unüberwindbaren Differenzen nicht besuchen konnte, bekam ich eine weitere Mail von ihr. Ob ich noch wüsste, dass wir uns morgen in Paris treffen müssten und wie denn die Hochzeit war.
Und wiederum war ich bei einem WTF. Und weiß bis heute nicht wirklich was ich dazu sagen soll, außer nichts. Schweigen. Will ich den wirklichen Grund wissen, warum sie nicht kommen konnte? Nope. Will ich wirklich drüber diskutieren was genau im Argen liegt und wo das ganze begann? Nope. Im Grunde will ich gar nichts mehr wissen. Wenn einem die Hochzeit der, wenn auch ehemals, besten Freundin es nicht wert ist einen Tag die eigenen Befindlichkeiten nach hinten zu schieben, dann muss ich nichts mehr wissen.
Gehe Deinen Weg
In diesem Fall war es die beste Entscheidung Egoistisch zu sein und nicht noch mal das Fass aufzumachen. Seinen Weg weiterzugehen und nicht nach hinten zu blicken. Warum Egoismus manchmal auch gut ist, weil er uns davor bewahrt Wunden immer wieder aufzukratzen.
Der Mann fragte mich gerade, ob das Thema immer noch eine solche Relevanz hat, dass ich darüber schreiben. Jein sage ich. Ich würde nicht darüber schreiben, wenn es noch so relevant wäre. Mittlerweile habe ich genügend Abstand, um darüber zu schreiben. Vor zwei oder einem Jahr wäre das noch nicht möglich gewesen ohne das ich mich wieder und wieder nach dem Warum gefragt hätte.
Heute kann ich das schreiben ohne Wut oder Traurigkeit zu empfinden und das ist auch gut so…
Mehr Diary, mehr Leben?
Diary Einträge gibt es bis jetzt relativ wenige, aber ich gelobe Besserung und habe auch schon direkt zwei in der Planung für den kommenden Herbst. das war es mit Warum Egoismus manchmal auch gut ist und mich würde jetzt interessieren, wie sich Euer Verhältnis zu Euren Freundinnen verändert haben oder auch nicht verändert haben.
Schreibe einen Kommentar